geschichteAnsicht am 17. April 1929

 

Zur Geschichte des historischen Adorfer Apothekengebäudes

Das Adorfer Bürgerhaus, in dem sich heute die „Alte Stadtapotheke“ befindet, gehört zu den ältesten Adorfer Gebäuden, denn es überstand mit nur einigen wenigen Häusern den großen Stadtbrand von 1776. Historisch sind die früheren Besitzer seit dem Jahre 1688 nach gewiesen:

  • 1688 gehörten Haus und Grundstück dem Kürschner Hans Wolf Pöhlandt und dem Weißgerber Joachim Schmidt.
  • 1724 kaufte das Haus der damalige Kantor Johann Heinrich Hendel. Danach gehörte es dessen Sohn Johann Carl Gottlob Hendel, Tuchmacher und Mädchenschullehrer.
  • 1767 erbten Haus und Grundstück seine beiden Söhne Georg Carl Gottlob Hendel, Mädchenschullehrer, und der Tuchmacher Carl Wilhelm Hendel.
  • 1802 kaufte der Kaufmann Christian Friedrich Wilhelm Cramer Haus und Grund-stück von Hendels Erben, der das baufällige Haus wieder fast neu herstellte. Bei diesem Umbau wurde das Gebäude um das zweite Stockwerk erweitert und das Fach-werk, das sich ursprünglich im ersten Stock befand, in das zweite Stockwerk verbracht und verputzt, so dass es nicht mehr sichtbar war. Erst durch den persönlichen Einsatz des Adorfer Architekten Dipl.-Ing. Günther Fritsch , der anhand baulicher Gegeben-heiten nachweisen konnte, dass es ursprünglich als sog. „offenes Fachwerk“ am Ge-bäude vorhanden war, konnte im Rahmen der Sanierungsarbeiten im Jahre 1992 das unter der Putzschicht gut erhaltene Fachwerk wieder frei gelegt werden. Damit ist seit-dem das historische Fachwerk wieder sichtbar.
    Eine Beschreibung von 1802 erwähnt im Parterre „eine Wohnstube mit einem großen eisernen Ofen, hölzernen Wandschrank, zwei Fenster mit zwei eisernen Läden, neben der Stube das geräumige Kaufmannsgewölbe mit einer Glastüre auf den Markt hinaus“. Dieses „Kaufmannsgewölbe“ wurde 1992 durch Adorfer Handwerksbetriebe fachgerecht saniert und zeugt so in der Offizin und den übrigen Erdgeschoßräumen der Alten Stadtapotheke in eindrucksvoller Weise vom handwerklichen Können unserer Vorfahren.
  • 1804 wurde durch den Konkurs von Christian Friedrich Wilhelm Cramer das wert-volle Grundstück versteigert, wobei es der Rittergutsbesitzer Joseph Leopold Adler auf Rößnitz erwarb, der es aber schon am 15.10.1807 an den Seifensiedemeister Johann Heinrich Gottlob Hertel, den Sohn von Meister Johann Christian Hertel, Besitzer des Nachbarhauses (heute Markt 34), verkaufte.
  • Von ihm erwarb am 9.3.1813 der „königlich sächsische Generalaccisinspektor zu Oede-ran und Juris Practici in Freiberg“ Salomo Gottlieb Bienert Haus und Grundstück und dessen einziger Sohn Christian Friedrich Bienert verlegte seine bisherige Apo-theke in dieses Gebäude. Somit befindet sich seit dem 9.3.1813 eine Apotheke in diesem Haus: bis 1989 die „Löwen Apotheke“ und seit dem 28.12.1990 die „Alte Stadtapotheke.
  • Am 28.8.1818 kaufte Frau Juliane Henriette Bienert geb. Gruber das Hausgrund-stück von ihrem Schwiegervater.
  • Am 23.5.1828 verkaufte Frau Frau Juliane Henriette Bienert geb. Gruber mit Ein-willigung ihres Ehemanns Apotheker Christian Friedrich Bienert das „brauberchtigte Wohnhaus nebst dem dazugehörigen Hof, Hintergebäude, dem in solchem befindlichen, in der Sohle des Fußbodens eingemauerten Siedekessel nebst Rost, auch im Hof be-findlichen Garten und allem, was darinnen und dabey erd-, wand-,mauer-, nied-, nagel- und wurzelfest ist“ zusammen mit der im Haus befindlichen Apotheke an Apotheker Traugott Schaller aus Altenburg für 6.020 Taler.
  • Schon am 26.6.1828 tauscht Traugott Schaller das Hausgrundstück mit der dazu ge-hörigen Apotheke mit dem Besitzer der privilegierten Hofapotheke in Hartenstein Apotheker Carl Wilhelm Seybold.
  • Am 19.10.1833 verkauft Carl Wilhelm Seybold sein brauberechtigtes Wohnhaus mit der darin befindlichen konzessionierten Apotheke an den Apotheker Hermann Pinther, vorher in Roßleben ansässig, für 10.300 Taler. Hermann Pinther wurde von Bürger-meister Todt verpflichtet und war 40 Jahre lang segensreich als Apotheker in Adorf tätig.
  • Ende Dezember 1873 verkaufte Hermann Pinther wegen Altersschwäche auf Veran-lassung von Bürgermeister Kämnitz seine Apotheke mit Haus und Grundstück.
  • In den folgenden Jahren wechselten die Apotheker und damit auch die Besitzer von Haus und Grundstück öfter. Dies mochte an den wirtschaftlichen Sorgen gelegen haben, mit denen die Adorfer Apotheker fast immer zu kämpfen hatten. Die Einnahmen der Apotheke standen in keinem gesunden Verhältnis zu ihrem Kaufpreis.
  • Vom 5.4.1874 bis 15.4.1879 besaß Erhard Neupert aus Pilgramsreuth die hiesige Apotheke.
  • Wegen schwerer Krankheit übergab Erhard Neupert die Apotheke an Alexander Hermann Eberhardt aus Gräfinau.
  • Dieser verkaufte Apotheke, Haus und Grundstück am 3.9.1884 an Hermann Corell.
  • Am 1.1.1889 übernahm Albert Otto Walter aus Bernburg die Apotheke. er betrieb, wie schon sein Vorgänger, neben der Apotheke einen guten Handel mit Weinen und errich-tete eine Mineralwasserfabrik. Außer dem selbst hergestellten Mineralwasser mit Zitronen- und Himbeeraroma und diversen Weinen waren im Angebot der Löwen-Apotheke u. a. zu finden: Kakao, Hafermehl, kondensierte Milch, chinesische Tees, Speiseöl, Fleischextrakt, Parfüms und verschiedene Seifen.
  • Am 16.5.1098 wurde Apotheker Victor Haun von Bürgermeister Kämnitz feierlich in die Pflicht genommen. Er führte die Apotheke bis zu seinem Tode im Mai 1913.
  • Danach gingen Apotheke, Haus und Grundstück in den Besitz seiner Witwe Frau Berta Haun über. Die Mineralwasserherstellung wurde aufgegeben und die Apotheke einem Umbau unterzogen. Frau Berta Haun verpachtete die Apotheke und nach ihrem Tode gingen Haus und Grundstück an ihre Kinder und schließlich an die Enkeltochter über.
  • 1991 konnte der Inhaber der Alten Stadtapotheke Haus und Grundstück von der Enkelin käuflich erwerben. Zwischenzeitlich wurde das an der Stadtmauer gelegene Hintergebäude, das früher u. a. als Pferdestall diente, saniert. In ihm befinden sich Büroräume und im Erdgeschoß ein Vortragsraum der Alten Stadtapotheke.

geschichte2Ansicht vor 1960

(Zusammengestellt nach historischen Unterlagen von Dr. Erh. Günther, Apotheker Otto Linke, Siegfried Thomä)